Zum Fasten gehören Gebet und Almosen
so schreibt Otto Buchinger I.

Fasten in der Stille

oder …meinen eigenen Sandsturm im Fasten entdecken.

Warum Zeit für Besinnung im Fasten? Ist es nicht soviel einfacher sich in dieser Zeit des Verzichts mit Arbeit abzulenken? Die wertvollen Urlaubstage nicht für eine Zeit des Nicht-Essens zu opfern?

Oft hört man von arbeitenden Fastern: „Ich kann beides", und: „Oh, mir macht das nichts aus, im Gegenteil, ich bin leistungsfähiger als mit Essen", „Es geht mir sehr gut in dieser Zeit", … usw.

Aber was ist danach? Wer fragt diesen Faster nach diesem Fasten: … wie geht es Dir heute? Wollten wichtige Dinge gesehen werden? Hast Du Lösungen erkennen können?

Zum Fasten gehören Gebet und Almosen, schreibt Otto Buchinger I. in seinem ersten Buch über das Fasten. In seinem Vorwort zur 1. Auflage lesen wir:

„Dies Buch stellt also keine Norm auf, nichts Allgemeingültiges, sagt nicht, wie es etwa einer „machen muss". Die Welt jedes Arztes, seine Welt, ist die hohe Norm, aus der heraus Heil und Erfolg erblüht. Es genügt, am Schlusse dieses Buches zu wissen, dass das Heilfasten als Heilweg höchst beachtenswert ist und dass eigentlich, nein: so recht eigentlich auch das Beten dazu gehört..."

Und auch sein Enkel, Dr. Andreas Hans-Otto Buchinger schreibt in der jetzigen 24. unveränderten Auflage dieses Buches: „Das Heilfasten"

Fasten verlangt beten!

Und noch weiter, „…die Krönung des Werkes, das Umdenken, die Neuordnung des Lebens, die tiefere Gründung der konkreten Existenz des fastenden Menschen, diese wunderbarste aller Möglichkeiten einer richtigen Fastenkur, …”

Sie würde fehlen, diese wunderbarste aller Möglichkeiten, wenn für das Gebet in einer Fastenzeit kein Platz wäre. Gebet, als in sich gehen in verschiedenster Form zu verstehen.

Darum finde ich es so viel schöner, das Fasten auch oder besonders unter diesem religiösen Gesichtspunkt zu sehen, als einfach nur unter dem einer weiteren „Diät", um das Körpergewicht zu regulieren. Ein religiöser Standpunkt hat dabei für mich nichts mit „Kirche" zu tun, sondern allgemein mit „religio", mit Rückverbindung, mit „woher komm ich, wohin gehe ich".

Wenn wir von ganzheitlicher Behandlung oder Pflege sprechen, dann meinen wir auch nicht nur die Massage, sondern eben auch die Beratung und den therapeutischen Effekt auf meine ganze Lebenseinstellung und die Bereicherung für meine Seele. Wir wollen den Weg zu einer veränderten Lebensweise erkennen können, um der Krankheit, dem Schmerz oder dem Unwohlsein vorbeugend begegnen zu können.

Ich habe in meinen persönlichen Fastenzeiten immer wieder erlebt, dass mich, ganz ohne ersichtlichen Grund und unvorbereitet, Gemütsschwankungen und körperliche Auffälligkeiten getroffen haben, die ich mir mit nichts erklären konnte. Und so kam ich auf die Idee mir die Erklärungen dafür aus den Bildern der Natur zu holen.

Jeder kennt die Erforschung der Jahresablagerungen im Eis. Vulkanausbrüche und Sandstürme sind darin abzulesen. Jede dieser Natur-Katastrophen hat ihren Niederschlag im Eis, und ist dadurch auch nach vielen 1000 den von Jahren nachlesbar. Ebenso wie die Jahresringe in einer Baumscheibe gedeutet werden, an denen abzulesen ist, ob es viel Regen gab oder ob es ein sehr trockener Sommer war.

So stelle ich mir die Informationen, die in unseren Fettzellen gebunden sind, auch vor. Die Fettzelle, eine ökonomische, raumsparende Energiereserve von höchster Qualität, die jederzeit ohne größeren Aufwand und Energie-Verbrauch sofort wieder in einsetzbare Energie zurückverwandelt werden kann.

Wenn nun das Eis taut, sprich die Zelle rückverdaut wird, dann kann die Information der Zeit frei werden, in der sie damals eingelagert wurde.

Ich selbst bin deshalb der Überzeugung, dass wir in der Fastenzeit nochmal unseren eigenen Gefühls-Katastrophen von damals begegnen können. Bildlich gesprochen bringt ein Sandsturm somit Hitze und Schmutz mit sich, das Atmen wird sehr schwierig und die Sicht ist stark vermindert. Ein Hochwasser birgt die Gefahr, dass wir den Boden unter den Füßen zu verlieren und fortgeschwemmt zu werden. Unser Denken reduziert sich plötzlich auf ganz wenige, wichtige Dinge… und trotzdem wollen wir so manches Überflüssige nicht loslassen?

Sie meinen, man kann die Gefühlswelt nicht mit Naturkatastrophen gleichsetzen?

Aber in unseren Träumen tun wir nichts anderes, wir lernen ständig nur durch unsere eigene innere Bilderwelt, uns selber immer besser verstehen. ( C. G. Jung) .

Wenn sie nun im Fasten ihrem eigenen Sandsturm gegenüberstehen und gehen morgens in die Arbeit, mittags sorgen sie für die Familie, nachmittags nehmen einen Arzt-Termin wahr, und abends wollen Freunde zu Besuch kommen...

Was sie dann vielleicht spüren ist: „ Ich fühle mich heute nicht so wohl!", sie denken, das kommt natürlich vom Fasten und es sind ja nur noch 3 Tage und dann ist es geschafft!?

Nur nicht nachdenken, weil es sonst sein könnte, dass man gar nicht fertig wird mit dem Nachdenken oder...dass man zu viel spüren könnte? Noch eine Flutwelle entdecken?

Angst?

Wenn sie nun eben diesen Sandsturm in der Stille des Fastens erleben, so haben sie sich entschlossen hinzuschauen, und nicht weg zu sehen. Sie sehen, wie er sich ankündigt, schauen sich nach Hilfe um und erkennen, die Hilfe ist immer da, ganz in ihrer Nähe. Ihre Seele ist stark, erkennt Lösungen, weil sie sich dieses Mal Zeit nehmen und sich selber zuzuhören.

Wie bei einem Kind das von der Schule heimkommt und sie sind da. Es fängt an von seinen Erlebnissen zu erzählen und sie nicken zustimmend, oder sie empören sich mit ihm, wenn es Ärger gegeben hat. Und danach …ist es gut.

Das Kind hat Wertschätzung erfahren in seinem eigenen Hause, und es kann seine Wut und seine Sorgen loslassen, weil es weiß, wenn es Handlungsbedarf gäbe, so würden seine Eltern das übernehmen. Und so kann es beruhigt zum Spielen gehen und mit seinen Freunden lachen.

Wären sie jetzt nicht zu Hause gewesen, dann hätte dieses Gespräch nicht stattfinden können. Die Wut, die Sorge, sie wären achtlos in einem Winkel gelandet und langsam verstaubt. Ein späteres „ und wie war's heute in der Schule", würde ganz anders beantwortet werden, weil im Spiel mit den Freunden schon wieder soviel passiert ist, dass der Vormittag schon in weite Ferne rückt, er ist Vergangenheit. Er wäre ungesehen und ungehört abgespeichert.

Dr. Lützner berichtet in dem Fastenführer „wie neugeboren durch fasten" von einem Volk im Himalaya, den Hunzas, das brauchte keinen Arzt und keine Polizei, solange die Dorfgemeinschaft jedes Frühjahr gemeinsam fastete. Wenn die Nahrungs-Vorräte aufgebraucht waren und die Felder neu bestellt werden mussten, dann war das ihre jährlich wiederkehrende Fastenzeit. Sie ernährten sich von einfachen, vollwertigen Lebensmitteln und achteten die Natur. Ein freundliches Volk, das die Feste feierte und seinen Nachbarn half, bis… auch bei ihnen die Zivilisation Einzug hielt.

Nein, ich möchte die Zeit nicht zurück drehen, aber das Gute, das sie aufzeigt, ein stückweit mit in unsere Zeit herüber zu nehmen, wäre doch nicht so verkehrt.

Wenn fasten soviel bewirken kann, warum es nicht nutzen? Es kostet nichts, außer unserer Zeit. Und jeder, der fastet, er tut es nicht nur für sich, er tut es für uns alle.

Ein Faster räumt mit alten Verletzungen auf, die ihm ein Anderer oft nur unwissentlich zufügte. Er sieht weiter und misst die Irrungen und Wirrungen um sich herum nicht mit so engen Maßstäben. Er „kehrt vor seiner eigenen Türe", und wenn das Alle tun, dann haben wir eine saubere Stadt und eine saubere Welt, auch ohne Klimagipfel und staatliche An- und Verordnungen.

Ich könnte hier noch vieles anführen, die Liste ist unendlich, und doch kann ich für niemanden diesen Weg gehen um ihm das Gefühl einer Fasten-Erfahrung zum Geschenk machen zu können. So ähnlich, wie wir gerne schmerzliche Erfahrungen unseren Kindern ersparen wollen. Wir würden sie dadurch aber auch des Gewinns berauben, den sie sich durch das eigene „Tun" erarbeitet haben. Zuschauen und begleiten ist oft um ein vielfaches schwerer, als etwas, von dem man überzeugt ist, selber zu tun. Und so wünsche ich mir und allen die diese tiefgreifende Erfahrung des „Fastens" selber machen wollen, eine wirklich gute Begleitung. Es lohnt sich, denn…

… Fasten in der Stille, in der Gemeinschaft, macht froh, zufrieden, hoffnungsvoll und liebevoll. Fördert ganz entscheidend die Kreativität, macht langmütig und demütig, und macht uns klar und sicher in unseren Entscheidungen ohne zu nörgeln.

Fasten vermittelt ein neues Lebensgefühl, es riecht nach „Meer" (…noch mehr).

 
 
 
 
 
 
 

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