Ich besuche mein inneres Kind mit Engelmusik

Ich stehe in einer dunklen Felsenhöhle, hoch über einem Tal, das im Schatten der zaghaft aufgehenden Morgensonne liegt. Alles ist noch nachtkalt und feucht. Nur ein heller, lichtblauer Streifen am steilen Gipfelgrat kündet den Tag.

Ich sehe keinen Weg hinauf und keinen ins Tal zu dem Dorf und den Menschen.
Ich versuche trotzdem ins Dorf, das im Schatten des Bergmassivs liegt, hinunter zu
gelangen, aber mein Einsamkeitsgefühl verstärkt sich nur noch.
Isolation und Abgewandtheit umfängt mich. Ich brauche Hilfe denke ich, und da
steht der Bär vor mir und meiner Höhle.

Ich spüre, ich passe als erwachsene Person nicht zu diesem prächtigen Vater-
Mutter-Bär. Aber als ein 2jähriges Kleinkind, das sich an seinem Fell anhält,
gleich hinter seinem Ohr, gelingt es mir gut und ich gehe vertrauensvoll neben
ihm. Er ist weich, stark, allwissend, zielstrebig, und Furcht kennt er nicht.

Komm, wir gehen jetzt, sagt er, und wandert mit mir an seiner Seite, stetigen Trittes die felsige Bergwand hinauf, sich einen schmalen Weg suchend.
Jetzt wird er zu schmal für uns beide und ich klettere an seinem Fell hinauf und halte mich in seinem Rückenhaar fest und der Bär trägt mich seiner und meiner Zielbestimmung entgegen, immer höher an der dunklen Wand empor.

Ich trau mich nicht nach oben zum lichten Grat zu blicken. Darf ich das, so hoch hinaus? Soll es so sein, dass ich da oben in der aufgehenden Sonne stehe und das andere Land sehe, das in meinen Gedanken voll von Süße und Labsal mir entgegenkommt? Darf ich es erträumen, damit es wahr werden kann?

Der Mut sinkt mir und kleine Zweifel an meinem Alleingang melden sich. Aber da trägt mich mein Bär schon über den Schattenrand des Gebirges, hinauf auf den Höhengrat. Ich kralle mich in sein Fell und verstecke mein Gesicht darin, trau mich nicht auf die sonnenhelle Seite des Berges zu schauen. Ob ich ihr gewachsen bin, meiner Sonne?

Gedanken eilen durch meinen Kopf.
Kann mir mit ihm, dem Bär der mich führt, etwas zuteil werden, das nicht ganz und gar meines wäre? Unberechtigterweise mein wäre?
So denke ich und klettere mutig von seinem Rücken und laufe,

und ich laufe meinen Träumen und meiner Liebe entgegen.

Im Garten von lieblicher, wohlgeordneter Schönheit, da spiele ich im klaren, goldfarbenen Flusswasser und ich bin frei und glücklich.
Die Farben der Bäume und Blumen, der Glanz des rauschenden Baches, die Liebe und Zuneigung der Tiere, all das umfängt mich wie lange schon Gekanntes.
Ich spiele unter buntem Blätterdach, alles summt und klingt leicht und wohlgerichtet.

„Heil".

Ich sehe mich in Gedanken nochmals mit meinem Reittier hoch oben am (Ent-) Scheidegrat
stehen und ins schattenreiche Tal blicken, und ich kann nicht glauben dass ich zweifelte:

„...gehört das wirklich alles zu mir?"

Und ich muss mich nur erinnern und vertrauen:
Ich bin gesegnet,
ich bin beschützt (vor mir)
und ich bin mir gewogen,
denn
ich bin heil.
Ja auf dem Grunde meines Daseins,
da bin ich schon immer heil.

 
 
 
 
 
 
 

> IMPRESSUM